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„Es geht um Leib und Leben“

Löschwasserversorgung im AUT heißes Thema

Mit der Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger hat sich der Ausschuss für Umwelt und Technik (AUT) befasst. Es ging um das Löschwasser und da insbesondere im Außenbereich in Tennenbronn. 

Schramberg. Das Feuerwehrgesetz verpflichtet die Kommunen, dafür zu sorgen, dass die Feuerwehr im Brandfall auch Wasser zum Löschen hat. Wie viel Wasser und in welcher Entfernung ist – wir sind in Deutschland – ebenfalls genau festgelegt. Um festzustellen, ob die Stadt diese Bedingungen erfüllt, hat sie das Fachbüro Sinfiro aus Balingen mit einer Löschwasserbedarfsanalyse beauftragt.

Oberbürgermeisterin Dorothee Eisenlohr schwante zur Einleitung, dass sich der Rat „wohl noch öfter und länger“ mit dem Thema beschäftigen werde. In den Ortschaftsräten sei das Thema bereits vorberaten und mehrheitlich mit Beschlussempfehlungen versehen worden.

Beratung über die Löschwasseranalyse im Ausschuss für Umwelt und Technik. Foto: him

Pflichtaufgabe der Stadt

Fachbereichsleiter Matthias Rehfuß betonte, es sei städtische Pflicht, dass die Feuerwehr „auch an abgelegenen Ecken 365/24 an Löschwasser kommt“. Bei einem Brand in Tennenbronn habe die Feuerwehr über eine sehr weite Entfernung Löschwasser herbeischaffen müssen. Die Stadt zeige jetzt den Ist-Zustand auf. Diese Bestandsanalyse sei sehr aufwändig gewesen. Man habe viele Fragen mit den Stadtwerken klären müssen. Der Rat habe schon 2008 den Auftrag erteilt. „Wir sind jetzt fertig und froh.“

Über Maßnahmen, wie die Lage verbessert werden könne, werde man in den kommenden Monaten diskutieren. Zu den Kosten könne er deshalb noch nichts sagen.

Max Dobernecker und Matthias Rehfuß. Foto: him

Umfangreiches Verfahren

Max Dobernecker von Sinfiro erläuterte die Vorgehensweise: Flächennutzungspläne und Bebauungspläne nach Wohngebieten und Bebauungsarten durchschauen, prüfen, wie viel Löschwasser man jeweils braucht und feststellen, was ist vorhanden. Daraus sind Karten entstanden, die zeigen, wo die Bedingungen erfüllt sind – und wo eben nicht. Bei den Hydranten sei oft nicht bekannt, wie viel Wasser in welcher Zeit dort zu entnehmen ist.

Stadtbrandmeister Patrick Wöhrle antwortete auf eine entsprechende Frage von Susanne Andreae (SPD-Buntspecht), man könne das anhand des Leitungsdurchmessers in etwa berechnen.

Diese Karte zeigt, wie es um die Löschwasserversorgung bestellt ist. Foto: him

Alternativen zum Hydranten

Neben den Hydranten gibt es noch die Möglichkeit, dass die Feuerwehr aus Bächen und Flüssen Löschwasser pumpt. Dafür braucht es offiziell aber Löschwasserentnahmestellen. Die dritte Möglichkeit sind „dezentrale Löschwasserbauwerke“, sprich Löschteiche oder große Tanks.

Steilvorlage für Versicherungen?

In der Diskussion bemängelte Jürgen Kaupp (CDU), dass ein neuerschlossenes Industriegebiet noch nicht im Plan aufgenommen sei. Oberbürgermeisterin Eisenlohr verwies darauf, dass der Plan vom Sommer stamme und das Thema zügig eingearbeitet würde.

Jürgen Reuter (Aktive Bürger) sah die Gefahr, dass Versicherungen sich die Pläne anschauen könnten und die Versicherungsprämien für solche Gebäude erhöhen, bei denen die Löschwasserversorgung noch nicht den Vorschriften entspreche. Die Stadt habe da eine „Steilvorlage geliefert“.

Er kritisierte auch, dass die Verwaltung 17 Jahre für die Analyse gebraucht habe. Rehfuß gab zu bedenken, dass man bei diesem Thema „nie fertig“ sein werde, weil sich immer etwas ändere.

Max Dobernecker wies darauf hin, dass zu den Maßnahmen ebenfalls schon Dinge erarbeitet worden seien. So könnten der Feuerwehr längere Förderstrecken zugemutet werden, wenn sie entsprechend ausgestattet werde. Aber auch neue Löschteiche oder Entnahmestellen könne man vorschlagen.

Der Leiter der Abteilung Tiefbau Konrad Ginter berichtete von den Löschwasserteichen und der Verkehrssicherungspflicht. Da sei ein Großteil der 34 Teiche ok gewesen.#

Auch im Winter zugänglich: Eine Löschwasserentnahmestelle in Heiligenbronn bei der Stiftung St. Franziskus. Archiv-Foto: hiim

Wer ist zuständig?

Zum Außenbereich führte Rehfuß aus, dass die Bürgermeister die Eigentümer abgelegener Gebäude anweisen könnten, selbst für Löschwasser zu sorgen. „Bloß, was heißt abgelegen?“ Dazu gebe es eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs. Demnach müsse die Gemeinde im Einzelfall entscheiden.

Bei etwa 200 Betroffenen besonders in Tennenbronn sei die Stadt nicht verpflichtet, Löschwasser bereit zu stellen. Früher habe sich die Gemeinde inoffiziell an den Kosten beteiligt, wenn mehrere Höfe einen gemeinsamen Teich angelegt haben. Die Kommunen würden das unterschiedlich handhaben.

Reuter fragte, was die Stadt mache, wenn sich ein Grundstückseigentümer weigere, für Löschwasser zu sorgen. Seit 1994 seien die Hausbesitzer nicht mehr verpflichtet, sich gegen Elementarschäden zu versichern. Deshalb solle man doch die Löschwasserversorgung ebenfalls denen überlassen, die dort ein Gebäude haben.

Rehfuß verwies auf die Verpflichtung Löschwasser bereit zu stellen. Das betreffe eben entweder die Kommune oder den Eigentümer. Man könne niemanden zwingen. Die Stadt werde dann einen Bescheid erteilen und der Betroffene kann dagegen argumentieren. „Das wird aufwändig.“

Es geht um Menschenrettung

Patrick Wöhrle ergänzte, man müsse unterscheiden zwischen dem Grundschutz und dem Objektschutz. Aber auch der Eigenschutz der Feuerwehrleute sei wichtig. Beim Grundschutz gehe es um die Rettung von Mensch und Tier. Und dafür brauche die Feuerwehr Löschwasser.

Er führte aus, dass die Tennenbronner Feuerwehr über zwei Fahrzeuge mit Löschwasser verfüge. Damit könne die Feuerwehr im günstigen Fall 13 Minute löschen. Es könnte aber auch schon nach sechs Minuten kein Wasser mehr im Tank sein. „Deshalb ist es wichtig, in der Nähe Löschwasser zu bekommen.“ Und: Löschwasser muss zu jeder Tages- und Nachtzeit zur Verfügung stehen.

Löschwasserteiche als Biotope?

Bei den Tennenbronner Löschteichen seien die Zustände recht unterschiedlich, einige gut, manche schlecht.  „Manche gleichen einem Biotop.“ Der DIN-Norm entspräche fast keiner. Die Entfernung zum nächsten Hydranten betrage teilweise anderthalb Kilometer. Es sei seine Pflicht als Stadtbrandmeister, die Stadtverwaltung auf Defizite hinzuweisen, so Wöhrle.

Idyllisch, aber auch hilfreich? Zugewachsener Löschteich. Archiv-Foto: him

Jürgen Kaupp erkundigte sich, wie viel Löschwasser ein Gebäudeinhaber im Außenbereich vorhalten müsse und ob für einen Löschwassertank eine Baugenehmigung erforderlich sei. Vorgeschrieben seien 30 Kubikmeter, so Wöhrle. Manchmal auch 48 Kubikmeter, ergänzte Dobernecker von Sinfiro. Und, ja, es braucht eine Baugenehmigung, so Rehfuß. Man werde das nur dort fordern, wo es nicht anders geht.

Zwei Tankfahrzeuge anschaffen?

Kaupp machte den Vorschlag, die Stadt solle zwei Tanks mit 15 Kubik kaufen. „Die fahren wir im Brandfall dorthin und der Käs ist gegessen.“ Eisenlohr meinte, es wäre sehr teuer, würde man die Feuerwehr mit solchen großen Tankfahrzeugen ausstatten.

Wöhrle wandte ein, für 10.000 Liter sei ein Dreiachser mit 26 Tonnen erforderlich. Das sei auf der Autobahn oder in einem Industriegebiet ok, aber nachts auf den engen Sträßle im Außenbereich von Tennenbronn, womöglich im Winter? „Wirtschaftlichkeit ist das eine, Machbarkeit das andere.“ Er plädierte für pragmatische Lösungen. Auch eine nicht mehr genützte Güllegrube könne man als Löschwasserbehälter nutzen.

Stadtbrandmeister Patrick Wöhrle im Ausschuss. Foto: him

Oskar Rapp (Freie/Neue Liste) erinnerte an einen Brand im Schächle. Da habe die Feuerwehr aus dem Hydranten kaum Wasser entnehmen können. Rehfuß warb auch in diesem Zusammenhang für die Ausarbeitung eines Maßnahmenkatalogs, der 30.000 Euro kosten wird.

Zeitrahmen zehn Jahre

Mirko Witkowski (SPD-Buntspecht) forderte von der Stadtverwaltung eine ungefähre Gesamtsumme, was diese Maßnahmen in welchem Zeitrahmen kosten werden. Zu den Kosten werde man schwerlich etwas sagen könne, bevor die Maßnahmen nicht benannt seien, so Rehfuß. Als Zeitrahmen nannte er etwa zehn Jahre. Die wichtigsten Maßnahmen werde man wahrscheinlich im nächsten Herbst benennen können.

Konrad Ginter gab für die Tanks im Außenbereich Kosten von etwa 10.000 Euro für die Tanks und weitere 5000 Euro für den Einbau an. Bei 200 Gebäuden käme man so auch die Größenordnung drei Millionen. Der Verwaltung sei die Grundsatzentscheidung wichtig, dass im Außenbereich die Bereitstellung des Löschwassers grundsätzlich von den Nutznießern geleistet werden.

Auch ein Gerechtigkeitsthema

Tennenbronns Ortsvorsteher Manfred Moosmann berichtete, in den 80er Jahren habe die Gemeinde Tennenbronn mit dem Löschwasserteichen begonnen. Dabei habe sich die Gemeinde an den Kosten beteiligt. Zuständig waren aber die Eigentümer.

Im Ortschaftsrat sei man nicht glücklich über den Vorschlag, dass die Grundstückseigentümer grundsätzlich zuständig sein sollen. Andererseits gebe es ein Gerechtigkeitsthema. Wer im Innenbereich baut, zahlt über Anliegerbeiträge auch für die Löschwasserversorgung. Moosmann versicherte, es gehe nicht darum, „jemandem etwas Böses zu tun. Es geht um Leib und Leben.“

Emil Rode (Freie/neue Liste) fragte, ob die Maßnahmen nicht auch verwaltungsintern erarbeitet werden könnten. Die Mittel für das Projekt würden erst im Haushalt beantragt, erwiderte Eisenlohr. Man könne das noch beraten.

Schließlich gab es eine getrennte Abstimmung: Für das weitere Ausarbeiten der Maßnahmen und das Prüfen der Verkehrssicherungspflicht stimmten acht Ausschussmitglieder, Jürgen Reuter stimmte dagegen, Jürgen Kaupp enthielt sich. Zur grundsätzlichen Pflicht der Eigentümer im Außenbereich sagten fünf Ausschussmitglieder ja. Jürgen Reuter und Jürgen Kaupp stimmten mit nein. Volker Liebermann, Emil Rode und Oskar Rapp enthielten sich.

Am Donnerstag wird sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema befassen. Sicher nicht zum letzten Mal.




Martin Himmelheber (him)

... begann in den späten 70er Jahren als freier Mitarbeiter unter anderem bei der „Schwäbischen Zeitung“ in Schramberg. Mehr über ihn hier.

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